Erfahrungsbericht zum Berlin Velothon 2018

Vorab kann ich euch sagen, dass der Berlin Velothon 2018 für mich persönlich ein großer Kampf gegen mich selber war. Aber nun von Anfang an: Ich selber bin davor noch nie mehr als 70 Kilometer am Stück Rad gefahren und ehrlich gesagt weiss ich auch nicht, warum ich mich für die 160km angemeldet habe. Manchmal ist bei mir Größenwahn und Realität nah beieinander. Warum habe ich mich nicht einfach für die 60km registriert, dann wäre alles gut gewesen. Vielleicht hatte ich einfach den Gedanken, im Leben irgendwann mal einen Ironman zu machen und deshalb mich einfach ohne Training für die 160km entschieden. Vielleicht war ich einfach nur naiv und es hat sich im Laufe des Rennens gerächt. In diesem ausführlichen Erfahrungsbericht zum Berlin Velothon 2018 möchte ich euch gerne schildern, wie ich mich gefühlt habe und welche Erkenntnisse ich daraus gewonnen habe.

Was kam beim Velothon in Berlin 2018 auf mich zu?

160 Kilometer Berlin Velothon 2018Ich muss ehrlich sagen, dass ich überhaupt nicht wusste, was auf mich zukam. Deshalb hatte ich auch eine unruhige Nacht. Wusstet ihr eigentlich, dass man auf der 160km Strecke eine Mindestgeschwindigkeit von 33km/h fahren muss, um in die Wertung aufgenommen zu werden? Das ist schon einmal ein großer Unterschied zum Laufwettbewerb. Und ganz ehrlich, genau dieser Druck nimmt den Spaß am Radrennen. Aber vielleicht sind die 160km wirklich nur für Profis gedacht, ich als Hobbyradler war da einfach fehl am Platz. Ich hatte das Gefühl, dass fast alle Radler konditionell mir überlegen waren und konnte daher auch mich an keine Gruppe ranhängen. Das bedeutet schlussendlich, dass ich die 160km fast durchgehend alleine gefahren bin. Ich hatte das große Glück, dass zur gleichen Zeit auch die 60km gestartet sind, sodass ich zumindest die ersten 60km immer wieder Radfahrer vor mir gesehen habe. Aber als die Trennung bei knapp 60 Kilometer kam, war ich auf einmal vollkommen alleine. Weder vor mir noch hinter mir habe ich noch jemanden gesehen. Ich hatte das Gefühl, dass ich Letzter war, was natürlich nicht so gewesen ist, aber ich war schon relativ hinten. Nach 60km bin ich ungefähr bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 32km/h gewesen.

Was passierte nach 60km bei mir?

Ich merkte bereits nach 60km, dass ich die geforderten 33km/h niemals schaffen werde. Für mich hieß es aber trotzdem irgendwie ins Ziel kommen. Es sind ja „nur“ noch 100km zu fahren. Besonders mental muss man hier sehr stark sein, da spielt weniger die Fitness eine Rolle. Ich musste mir bewusst machen, dass ich die 100km alleine fahren muss und egal was passiert, ich es irgendwie durchziehen musste. Irgendwann bei Kilometer 80 habe ich dann vereinzelnd wieder Radfahrer gesehen, aber nicht lange. Entweder sind sie mir irgendwann wieder weggefahren oder ich habe sie überholt. Aber dieser Gedanke, dass ich nicht alleine kämpfen muss, hat mich wieder motiviert. Meine Getränke (2x500ml) neigten sich auch langsam dem Ende zu und ich musste noch 80km fahren. Zum Glück hatte ich die Karte gut studiert und wusste, dass bei Kilometer 120 eine Verpflegungsstelle kommt. Zwischendurch habe ich Traubenzucker genommen. Bei Kilometer 95 kam dann ein Auto vom Velothon-Team an mir vorbei und meinte, dass ich an einen vorderen Radfahrer dranbleiben muss, um in die Wertung aufgenommen zu werden. Ganz ehrlich, mir war das total egal. Ich finde den Ton, den der Typ im Wagen angeschlagen hat, nicht besonders freundlich und hat mich eher wütend gemacht. Er sieht doch, wie die hinteren Radfahrer kämpfen mussten und dann im einem rauen Ton gesagt zu bekommen, dass man schneller fahren muss. Unglaublich, das hat mir echt den Spaß genommen.

Kilometer 100-120 beim Berlin Velothon 2018

Ich war ehrlich gesagt nach 100 Kilometer vollkommen fertig, aber ich musste unbedingt bis Kilometer 120 durchhalten. Dann würde die Verpflegungsstelle kommen und ich hoffte natürlich, dass ich danach irgendwie wieder zu Kräften kommen würde. In dieser Phase kamen die schnellsten 100KM Fahrer an mir vorbei gefahren, da sie später gestartet sind. Ich wurde von der Rennleitung auf dem Motorrad gebeten, kurz an den Staßenrand stehen zu bleiben, um den die schnellsten Radfahrer nicht zu behindern. Ich tat es auch und dann fuhr ich normal weiter. Vollkommen fertig erreichte ich irgendwie die Verpflegungsstelle. Ich habe locker 5 Bananen gegessen, viele Orangen, einen Energieriegel, viel getrunken, bin auf die Toilette gegangen und habe mich kurz ausgeruht. Ich hielt mich ungefähr 30 Minuten an der Verpflegungsstelle auf, da die Zeit sowieso nicht mehr relevant war. Ich unterhielt mich außerdem mit einigen Radfahrern, die auch mit den 160 Kilometern zu kämpfen hatten. Für uns hieß es nur irgendwie durchhalten und ins Ziel kommen.

Kilometer 120-160 beim Berlin Velothon 2018

Ich nahm jetzt meine Kraft zusammen und musste mich jetzt noch 40 Kilometer durchkämpfen. Zum Glück war es eine Strecke, die nicht so steil war und ich dadurch energieschonend fahren konnte. Hier hat mich wieder besonders motiviert, dass ich viele Radfahrer gesehen habe, da die 100 Kilometer zeitversetzt gestartet sind. Das hat mich wieder enorm motiviert und bin dann gut durch die letzten 40 Kilometer gekommen. Am Ende war es dann doch 165 Kilometer, die man absolvieren musste.

Am Ziel beim Velothon in Berlin 2018 angekommen

Nach der Zieleinfahrt war ich mega stolz und froh darüber, dass ich es durchgezogen habe. Ich habe während des Rennens sehr oft ans Aufgeben gedacht. Viele Radfahrer habe ich am Wegesrand gesehen, die mir sehr Leid taten und das Rennen nicht beenden konnten. Ich habe es dann am Ende durchgezogen und bin ins Ziel gekommen. Am Ende war ich knapp 6 Stunden mit dem Rad unterwegs zuzüglich natürlich die 30 Minuten Pause an der Verpflegungsstelle. Ich sag euch, nochmal ohne Training werde ich das niemals nochmal machen. Da der Chip die Pause mit einberechnet hat, lag meine Durchschnittsgeschwindigkeit bei bisschen mehr als 25km/h, ohne die Pause bin ich glaube ich einen Schnitt von 28-30km/h gefahren. Ich habe mich glaube ich noch nie so sehr über eine Medaille gefreut.

Erfahrungsbericht Berlin Velothon 2018

Was ist der größte Unterschied zwischen einem Radrennen und einem Laufwettbewerb?

Das Radrennen hat mir gezeigt, dass meine Leidenschaft weiterhin beim Laufen bleibt. Beim Velothon hatte ich auch nie das Gefühl, wie bei einem Laufwettbewerb, dass man sich unter Gleichgesinnten befindet. Hier hatte ich eher das Gefühl, dass beim Velothon jeder für sich kämpft. Auch die Atmosphäre war eine ganz andere als bei Volksläufen. Mir persönlich sind Läufer einfach sympathischer als Radfahrer. Die Radfahrer sind aus meiner Erfahrung her sehr eigen, sind nicht so gesellig wie Läufer. Auch die Veranstalter unterscheiden sich hier deutlich. Während bei Laufbewerben der Spaß und die Freude an das Laufen überwiegt, wird beim Velothon eher auf Leistung und Druck gesetzt. Das fand ich sehr traurig und weiss daher, warum ich lieber laufe anstatt Rad zu fahren.

Fazit zum Berlin Velothon 2018

Finisher Berlin Velothon 2018Als Anfänger solltet ihr euch nie für die 160km registrieren. Das werdet ihr nicht schaffen. Ich habe das Glück gehabt, dass ich mir durch das Laufen eine Grundlagenausdauer antrainiert habe. Das hat mir sicherlich sehr geholfen, um die 160KM beim Berlin Velothon 2018 zu finishen. Ich habe sehr stark mit mir kämpfen müssen, um nicht vorzeitig das Rennen zu beenden. Am Ende war ich sehr froh darüber, dass ich das Ziel durchquert und mir die Medaille verdient habe. Ich selber werde nie wieder untrainiert den Velothon 160km mitfahren. Falls ich es nächstes Jahr wieder machen sollte, dann mit viel Training und Schweiß. Vielleicht entscheide ich mich dann doch für die 60 Kilometer. Am Ende des Tages war es für mich eine trotzdem tolle Erfahrung und ich weiss jetzt, dass meine Fitness für einen Ironman noch lange nicht reichen wird!

Quang

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